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Vancouver zu zweit

Ich musste zwar ein Weilchen auf Tyler warten, der erstens ein Stündchen später los kam als geplant und sich dann auch noch in Vancouver verfahren hatte. Trotzdem war dieser Dienstag der beste Tag meines bisherigen Trips. Es gibt einfach Menschen mit denen macht es Klick und man weiß gar nicht mehr wo aufhören mit dem Erzählen. Tyler ist einer von diesen.

Bildstrecke Vancouver Bildserie Vancouver – © Knut Hildebrandt

Kaum saßen wir im Auto Richtung Downtown plauderten wir auch schon munter über Gott und die Welt, den chaotischen Verkehr in den Staaten, die kleinen Unterschiede zwischen dort und Kanada, sowie die vielen Dinge, die unsere Augen auf der Fahrt streiften. Und wieder einmal bestätigte sich meine Auffassung, daß Reisen viel mehr Spaß macht, wenn man jemanden vor Ort kennt. Der Zugang zu einem Land, einem Ort wird so viel direkter, als wenn man auf sich selbst gestellt mit dem Reiseführer durch die Gegend stolpert.

Der Tag ging im Wesentlichen weiter, wie er um die Mittagszeit herum begonnen hat. Wir suchten uns eine billige Bleibe in Downtown Vancouver und machten erst einmal Halt in dem zum Hostel gehörenden Pub. Was eigentlich nur eine kurze Mittagspause werden sollte, artete in einer längeren Sitzung aus. Es gab ja so viel zu erzählen und Tyler weihte mich auch gleich in Besonderheiten der örtlichen Braukunst ein. Natürlich ging das nicht ohne auch einige der angepriesenen Bierspezialitäten zu probieren.

Nur am Rande sei erwähnt, daß mich am meisten eine Biersorte begeistert hat, die sich Indian Pale Ale (IPA) nennt. Diese wurde von den Engländern zu Kolonialzeiten erfunden, um das Bier haltbarer für die weite Reise in die Überseegebiete zu machen. Der Trick war eine doppelte bzw. dreifache Ladung Hopfen zum Einsatz zu bringen, was dem Gerstensaft eine angenehme Herbe verleiht.

Bildstrecke Stanley Park Bildserie Stanley Park – © Knut Hildebrandt

Überhaupt muß Washington, wo Tyler in der Nähe von Seattle lebt, ein Paradies für Bierliebhaber sein. Nicht nur daß dort der angeblich beste Hopfen der Welt angebaut wird, es gibt wohl auch die weltweit höchste Dichte an kleinen Brauereien in diesem US-Staat. Allein in Seattle sollen mehrere Dutzend dieser Microbreweries existieren. Ich bin mal gespannt was mich erwartet, wenn wir zum Wochenende gemeinsam rüber fahren.

Um nicht den ganzen Tag im Pub zu verbringen, rissen wir und nach dem zweiten Bier los und fingen an die Umgebung zu erkunden. Unser Hostel befindet sich in der Cambie Street zwischen Hastings Street und Cordova Street. Es liegt in unmittelbarer Nähe von Gastown, einem recht noblen aber auch sehr pittoresken Viertel mit vielen nicht ganz billigen Geschäften und Restaurants. Und nur wenige Blocks entfernt ist Chinatown, das wiederum eine Welt für sich darstellt. Unser Ausflug führte uns aber erst einmal in die Hastings Street, die in der Nähe des Victory Park einen schon recht gewöhnungsbedürftigen Eindruck macht.

Schon am ersten Abend sind mir die vielen komischen Gestalten dort aufgefallen. Viele sahen aus wie der Tod auf Latschen, waren abgemagert, konnten sich kaum auf den Beinen halten und wankten wie besoffen durch die Gegend. Als ich das erwähnte erzählte Tyler sofort, daß dieser Teil der Hastings Street weltbekannt für seine Drogenszene sei. Hier gibt es auch einen Headshop und ein Marihuana Cafe. Sogar die Hotels waren dem Publikum entsprechend. Denn nicht jedes, das sich als ein solches nach außen hin ausgab war auch eins. Einige von ihnen waren staatlich geförderte Unterkünfte für Menschen mit geringem bzw. keinem Einkommen.

Bildstrecke Chinatown Bildserie Chinatown – © Knut Hildebrandt

Während es zu dämmern anfing wanderten wir durch Chinatown und gingen noch, kurz bevor diese schlossen, in das eine oder andere Geschäft. Was für ein Anblick, welch eine Geruchsvielfalt bot sich uns dort. Nichts erinnerte an die mir vertrauten Supermärkte oder Eckläden. Es fiel oft sogar schwer herauszufinden, was einem zum Kauf angeboten wurde. Alle Beschriftungen waren auf Chinesisch und selten gab es eine englische Übersetzung.

Ich habe es aber trotzdem gewagt etwas zu kaufen und neben etwas Obst ein Glas mit eingelegtem Tofu erstanden. Das Ganze sah von außen wie Feta in Öl aus, welcher ja einen ganz netten Snack abgibt. Um so größer war die Überraschung, als ich das Glas öffnete. Allein der Geruch lies schon nicht viel Gutes erahnen. Und das Zeug hatte einen so eigenwilligen und dabei intensiven Geschmack, daß selbst Tyler meinte, daß es einzig in vorsichtiger Dosierung zum Kochen geeignet sei.

Am Abend sind wir bei meinem Lieblings-Äthiopier eingekehrt und haben uns eine vegetarische Platte bestellt. Hatte damit gerechnet, daß es die doppelte Portion wäre von den an sich schon riesigen Tellern. Was kam war mindestens das dreifache, sodaß wir beide völlig überfressen unseren kurzen Pub Crawl auf der Hastins Street antraten. Nachdem wir einen Drink in einer der dortigen Bars genommen hatten sind wir noch mal kurz in die Bar des Hostels, die sich als überaus populär heraus stellte.

Bildstrecke Grouse Mountain Bildserie Grouse Mointain – © Knut Hildebrandt

Obwohl es Dienstag Abend war, war der Laden brechend voll. Lautstark unterhielten sich Dutzende junger Leute, die mit fortschreitender Zeit immer kindischer wurden. Um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen, wurde später am Abend Beer Pop gespielt. Bei dem Spiel treten zwei Mannschaften gegeneinander an. Ziel ist es auf gut zwei Meter Entfernung einen Tischtennisball in eines von mehreren Biergläsern der gegnerischen Mannschaft zu werfen. So man trifft müssen die Kontrahenten ihr Glas austrinken.

Ankunft mit Hindernissen

Ich hoffe mal, daß es mit diesem Trip nicht ganz so schräg weiter geht, wie er anfing. Allerdings hätte das natürlich auch seinen Vorteil, es gäbe dann immer etwas Lustiges zu berichten.

Ankunft - 1 © Knut Hildebrandt

Alles begann mit einem kleinen Problem. Mein Flieger sollte kurz vor sieben in Tegel abheben. Das ist natürlich nicht gerade eine Zeit zu der ich bereits hellwach durch die Gegend stolpre, geschweige denn schon ewig durch die Stadt gegondelt sein will. Wider besseren Wissens bin ich aber nicht früh ins Bett gegangen, sondern hing noch mit Freunden bis gegen Mitternacht in einer meiner Lieblingskneipen ab. Würde ja so bald nicht mehr dort einkehren können.

Die Chancen noch ausreichend Nachtschlaf vor der Abreise zu bekommen waren somit schon arg gesunken. Erschwerend kam hinzu, daß ich zwar alles, was mit mir auf die Reise gehen sollte, be­reits heraus gesucht hatte, es aber in einem riesigen Haufen neben dem leeren Rucksack auf dem Wohnzimmerboden lag. Da warteten bestimmt noch eine Stunde Packorgie und Aufräumarbeiten auf mich, die natürlich von meinem bitter benötigten Schlaf abgehen würde.

Ankunft - 2 © Knut Hildebrandt

„Was tun?“ fragte schon vor geraumer Zeit ein großer Gelehrter, als er vor ähnlich bedeutsamen Problemen stand. Nach getaner Arbeit mich schlafen zu legen war der Garant dafür, daß ich den Flieger verpasse. Ich mußte irgendwie sicher stellen, daß ich trotz der kurzen Nacht rechtzeitig wie­der hoch komme. Das einzige was mir einfiel, war gar nicht ins Bett zu gehen. So haute ich mich bei hell erleuchtetem Zimmer und voll aufgedrehtem Radio für ein Stündchen auf die Couch und stürzte mich danach in die Arbeit.

Und es hat geklappt, allerdings mit noch nicht absehbaren Folgen. Rechtzeitig mit den letzten Handgriffen fertig geworden, verließ ich noch vor der angepeilten Zeit das Haus. In Tegel mußte dann sogar noch ein paar Minuten warten, bevor ich endlich einsteigen konnte.

Ankunft - 3 © Knut Hildebrandt

Der Flug an sich verlief problemlos. Alle Anschlüsse klappten super und auch in Vancouver fand ich Dank Matthias‘ Tipps ohne Probleme den Weg zum Hafen, wo ich die letzte Fähre bekommen mußte. Mein Ziel war nämlich Pender Island, wo ein Freund ein Blockhaus sein Eigen nennt, in dem ich die ersten Tage nach meiner Ankunft verbringen wollte.

Was allerdings nicht so recht klappen wollte, war das Nachholen des verpaßten Nachtschlafes, denn wir flogen ja der Sonne hinterher. Und das sollte zu einem ersten Mißgeschick führen. Denn so rich­tig wollte es mir nicht gelingen mich auf der Fähre wach zu halten. Zu Hause in Berlin mußte ja mittlerweile bereits die Sonne aufgegangen sein und ich fühlte mich der dortigen Zeit noch mehr verbunden, als den hiesigen frühen Abendstunden. Fakt ist, ich muß irgendwie eingenickt sein und wurde von einer netten Stewardess erst kurz vor Ankunft im Hafen geweckt.

Ankunft - 4 © Knut Hildebrandt

„Geschafft“ dachte ich in der Hoffnung, daß Matthias mich abholen und wir dann noch gemütlich zusammen in seinem Haus plauschen würden. Nur war kein Matthias weit und breit zu sehen. Auch verschwanden die wenigen anderen Passagiere die mit mir hier angekommen waren nach und nach. Also fragte ich noch schnell jemanden, wie ich vom Hafen am besten weg komme. Nicht wenig er­staunt war ich dann allerdings, als man mir sagte, daß ich gar nicht auf Pender sei. Da hätte ich beim letzten Stopp, den ich offensichtlich völlig verschlafen hatte, aussteigen müssen. Na was für eine Überraschung.

Bereit in meinem Zelt am Strand zu nächtigen fragte ich im Terminal noch kurz nach der nächsten Fähre Richtung Pender. Diese sollte am folgenden Morgen gegen sechs gehen. Das würde es nicht ge­rade leicht machen, sie zu bekommen. Erst recht nicht, wenn ich irgendwo am Strand liege. Dies schien auch die nette Frau von der Fährkompagnie so zu sehen. Deshalb schloß sie mir den Warteraum wieder auf, wo ich für eine Nacht meinen Schlafsack ausrollen durfte. Lohn für die etwas ungemütliche Übernachtung war eine wunderschöne Überfahrt nach Pender Island in den frühen Stunden des nächsten Morgen.