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Von LA nach Las Vegas

Ritt durch die Wüste

Meine letzten Tage in den Staaten waren die reinste Tour de Force. In knapp drei Tagen habe ich so viel gesehen und so viel erlebt, daß mir am Ende regelrecht der Kopf qualmte. Am Dienstag Morgen sind wir aus Los Angeles abgefahren. Unser Tagesziel war das Death Valley. Andreas meinte, es seien gut vier Stunden bis dahin. Gebraucht haben wir den ganzen Tag für den Trip. Das lag vor allem an den viele kleinen Programmpunkten, die er noch eingebaut hat.

Bildstrecke Randsburg Bildserie Randsburg – © Knut Hildebrandt

Unseren ersten Stopp machten wir in Randsburg. Wenn mir schon Weaverville und French Gulch gut gefallen hatten, so begeisterte mich dieses kleine Städtchen erst recht. Es glich einem wahren Ghost Town. Früher war Randsburg mal eine Bergbausiedlung. Jetzt verfallen seine Häuser und von ihren Fassaden blättert langsam die Farbe ab. Überall stehen alte Autos, Maschinen und auch der eine oder andere Leiterwagen am Straßenrand. Vor einem Haus saßen zwei einsame Typen und unterhielten sich angeregt. Während dessen tönte aus ihrem Radio America mit „A Horse with no Name“.

Jedoch scheint Randsburg nur unter der Woche das verschlafene Nest zu sein, das wir vorfanden. Am Wochenende bevölkert es sich mit Tagestouristen. Einer der beiden berichtete von Bikertreffen, die hier regelmäßig statt finden. Auch scheint das eine oder andere Filmteam seinen Weg in den Ort zu finden. Und somit erwacht Randsburg als Touristenmagnet zu neuem Leben. Das erklärte dann auch die vielen Antiquitätenläden entlang der Hauptstraße.

Während unseres ersten Tages in der Wüste war der Himmel leicht bedeckt. Die Sonne brannte nicht gnadenlos auf uns nieder, wie ich es in Berichten über das Death Valley gelesen hatte. Ganz im Gegenteil. Es war zwar angenehm warm, aber bei weitem nicht heiß. Davon abgesehen hatten wir ein wunderbares Licht, welches mich regelrecht zum Fotografieren aufforderte. Somit wurde unsere Fahrt durch die Wüste zur einmaligen Fototour.

Bildstrecke Death Valley Bildserie Death Valley – © Knut Hildebrandt

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir im Tal des Todes an. Bevor wir uns aber einen Schlafplatz suchen konnten, fuhr Andreas mit mir noch zu den Mesquite Flat Sand Dunes. Wie seinerzeit die Protagonisten der Star Wars Filme wanderten wir durch die sich sanft den Bergen entgegen schwingenden Dünen. Als die Sonne langsam hinter den Bergipfeln verschwand tauchte sie Himmel und Wolken in leuchtendes Rot. Jetzt wurde es auch langsam Zeit einen Ort zu finden, an dem wir unsere Zelte aufschlagen konnten.

Zum Abendessen kochten wir uns im Grocery Store von Randsburg gekaufte Bohnen. Wir stellten einfach unsere Dosen ins Feuer und aßen dann auch gleich aus diesen. Das erinnerte mich irgendwie an meine Vorstellungen vom Wilden Westen aus fernen Kindertagen. Fehlten eigentlich nur noch das Pferd und die Zigarette um das Werbeidyll einer großen Zigarettenmarke rund zu machen. Aber soweit gingen wir dann doch nicht. Denn zum Glück rauchen wir beide nicht.

Am nächsten Morgen begrüßte uns die Sonne am strahlend blauen Himmel. Beim schnell hinein geschaufelten Frühstück war es noch ziemlich frisch. Doch das sollte sich schnell ändern. Schon bald stand die Sonne hoch genug am Himmel, daß man ordentlich in Schwitzen kam. Deshalb zogen wir es dann auch vor, uns ein schattiges Plätzchen für unseren morgentlichen Kaffee zu suchen. Der Kaffee den wir eine knappe Stunde später schlürften, war der teuerste meiner ganzen Reise. Aber das hatte Andreas vorher angekündigt. Denn er fuhr mit mir ins Furnace Creek Resort, einer in den Dreißiger Jahren errichteten Nobelherberge mitten im Death Valley.

Bildstrecke Red Rock Canyon Bildserie Red Rock Canyon – © Knut Hildebrandt

Als sich Anfang des letzten Jahrhunderts der Bergbau im Tal nicht mehr so recht lohnte, kamen die Betreiber der Minen auf die grandiose Idee dieses als Touristenattraktion zu vermarkten. Man baute nicht nur das Luxushotel, sondern erfand auch gleich noch diverse Sehenswürdigkeiten. Einer der Väter des späteren Nationalparks hat sich dabei sogar mit Namen verewigt. Und spätestens seit Michelangelo Antonionis gleichnamigen Film dürfte der Zabriskie Point auch in Deutschland ein Begriff sein.

Von dem Aussichtspunkt in mitten der an sanft geschwungenen Dünen erinnernden Felsformation am Zabriskie Point ging es weiter zum tiefsten Punkt des Death Valley. Dieser befindet sich 86 Meter unter dem Meeresspiegel und trägt den bezeichnenden Namen Badwater Basin. Schlecht oder gar verunreinigt ist das Wasser hier nicht. Ungenießbar ist es aber trotzdem. Zumindest für den Menschen und dessen tierische Begleiter. In der Talsenke erstreckt sich nämlich ein Salzsee, der zum Großteil trocken lag, als wir kamen. Wie schon am Vorabend in den Dünen zog ich meine Schuhe aus und spazierte über die dünne, leicht prickelnde Salzschicht, bis diese allmählich in den Wüstensand überging.

Mittlerweile war es auch schon empfindlich heiß geworden und wir begannen langsam im Auto zu kochen. Es wurde Zeit dem Death Valley den Rücken zu kehren und uns auf den Weg zu unserem Tagesziel, Las Vegas, zu machen.

On the Strip

In Las Vegas kamen wir genau zum Einbruch der Dunkelheit an. Andreas nutzte die Gelegenheit und drehte noch eine kleine Runde durch die Stadt, um mir Downtown das alte Vergnügungsviertel zu zeigen. Dann ging es zum Luxor, unserem Hotel auf dem Strip. Andreas hatte darauf bestanden, daß wir hier eine Unterkunft nehmen. Und das war auch gut so. Denn der Strip ist das, was man landläufig unter Las Vegas versteht. Hier stehen der Eiffelturm und das Colloseum und natürlich auch das Luxor. Unser Hotel glich einer überdimensionialen Pyramide. Nah deren Spitze bezogen wir im 27en Stock Quartier. Von unserem Zimmer aus konnte wir auf die Skyline New Yorks blickten, welche sich hinter einer Disney-Kopie von Schloß Neuschwanstein den Strip entlang zog.

Bildstrecke The Strip Bildserie The Strip – © Knut Hildebrandt

Vom Luxor aus begannen wir Las Vegas zu erkunden. Ich weiß nicht wie viele Kilometer wir an diesem Abend gelaufen sind. Als wir wieder im Hotel ankamen, waren mehr als vier Stunden vergangen. Mir taten mittlerweile Augen und Ohren weh von dem viele bunten Geflimmer und der allgegenwärtigen Geräschkulisse. Auf unserer Wanderung den Strip hinab und zurück sind wir durch die Gassen Paris‘ gewandelt, haben den Gondoliere in Venedig bei der Arbeit zugeschaut und einen Vulkanausbruch miterleben dürfen. Und zwischendurch hieß es sich immer wieder der vielen Bauernfänger erwehren, die einem große Gewinne oder heiße Mädels versprachen. Mensch war ich froh, dem ganzen Trubel wieder entkommen zu sein und mit einem Bier auf meinem kingsize Bett auszuruhen.

In the Wild West

Stagecoach Wild West – Historische Postkutsche in Redding – © Knut Hildebrandt

Vor ein paar Tagen bin ich im Wilden Westen angekommen. Oder sollte ich lieber wie Ed vom Goldenen Westen sprechen. Denn hier bin ich im Land der Goldgräber. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zog es während des großen Goldrauschs Tausende nach Nordkalifornien. Hier versuchten sie ihr Glück zu machen. In der Gegend um Redding wird man aller Orten mit diesem Teil der amerikanischen Geschichte konfrontiert.

So zum Beispiel in Old Shasta. Der kleine Ort liegt an der alten Postkutschenroute Richtung Westen und war lange Zeit Verwaltungszentrum von Shasta County. Als nur wenige Kilometer entfernt die Eisenbahn durch Redding und dort ein Bahnhof gebaut wurden, zogen die Händler, das Hotel und viele Bewohner hinunter ins Tal. Nur wenige blieben. Heute erinnern nur noch ein kleines Museum, der General Store und eine alte Schmiede an die glorreichen Zeiten. Als vor enigen Jahren die langsam verfallenden Fassaden einzustürzen drohten, sicherte man diese und baute den hölzernen Gehweg – Boardwalk – wieder auf. Old Shasta gleicht jetzt ein großes Freiluftmuseum.

Bildstrecke Old Shasta Bildserie Old Shasta – © Knut Hildebrandt

Ein anderes Schicksal ereilte Weaverville. Die Sägemühle am Ortseingang rettete das kleine Städtchen vor dem Verfall. In den Läden entlang der Hauptstraße decken sich allerdings schon lange nicht mehr Goldgräber und Holzfäller mit Proviant ein. In diese sind Cafés und kleine Galerien eingezogen. Nicht wenige der auf Highway 299 Richtung Westen reisenden machen in Weaverville Halt. Und viele nehmen sich dann auch etwas Zeit für einen Besuch des Bergbaumuseums oder des chinesischen Tempels. Wer darüber die Weiterfahrt vergessen hat, kann im Hotel gegenüber dem Courthouse eine Nacht wie in lang vergangenen Westentagen verbringen.

Abgesehen vom Goldrausch und den sich um ihn rankenden Geschichten entsprechen Redding und die angrenzenden Countys auch sonst vielen Klischees vom weiten Westen. Die Stadt liegt in einem ausgedehnten Tal und ist durch eine Bergkette vom Pazifik getrennt. Hier scheint man Platz zu haben und nutzt diesen auch. Fast jede Straße in der Hunderttausend-Einwohner-Stadt ist so breit wie in Berlin die großen Boulevards. Auf bis zu drei Spuren schieben sich in einem Fort Autos durch die Stadt. Und auf ein Auto ist man hier angewiesen. Nur um ein Bier zu kaufen kann man locker mal ein bis zwei Kilometer unterwegs sein. Und Alice, Eds Freundin, wohnt knappe zehn Meilen von der Innenstadt entfernt. Für hiesige Verhältnisse ist das gleich um die Ecke.

Bildstrecke Weaverville Bildserie Weaverville – © Knut Hildebrandt

An dieser Stelle muß ich meine liebenswürdigen Gastgeber in Redding kurz vorstellen. Ed ist der Vater eines amerikanischen Freundes aus Berlin. Ed und seine Lebenspartnerin Alice haben mich in ihr Haus aufgenommen, als sei ich ihr eigener Sohn. Nur ihnen habe ich zu verdanken, daß ich hier so viel sehe und erlebe. Die beiden sind mit mir die vierzig Meilen bis Weaverville gefahren. Und Ed kutschiert mich fast jeden Tag zu einer weiteren Sehenswürdigkeit in und um Redding.

So zeigte er mir zum Beispiel die Sundial Bridge, eine futuristisch aussehende Fußgängerbrücke über den Sacramento. Und er lies es sich auch nicht nehmen mir dann noch eine Tour durch das exzellente Museum im angrenzenden Turtle Bay Exploration Park zu geben. Dort sahen wir unter anderem eine sehr schöne Ausstellung über das Sündenbabel „Wilder Westen“, die auch Ed noch nicht kannte. Einen ganzen Saal hatte man in Saloons, Spielhöllen und Bordelle verwandelt. Videos und Schaukästen berichteten eindrucksvoll davon, wie es damals zuging im heute recht puritanischen Amerika.

Bildstrecke French Gulch Bildserie French Gulch – © Knut Hildebrandt

Das war aber nicht die einzige Entdeckung für Ed und mich. In French Gulch, einem weiteren Städtchen in dem in alten Zeiten die Postkutschen Halt machten, wurden wir in eine Bar gewunken. Der Pub glich einem Museum. Sein Besitzer hatte hunderte Exponate aus der Geschichte des Ortes zusammen getragen. An den Wänden hingen Dutzende Gewehre und Pistolen, unter ihnen viele alte Winchester und Colts. So etwas hatte selbst Ed noch nicht gesehen. Auch der Barkeeper konnte als Teil der Ausstellung durchgehen. Der Typ hatte früher als Holzfäller gearbeitet und konnte mit unzähligen Geschichten aufwarten. Viele drehten sich die um zur Schau gestellten Waffen. Das Erstaunlichste war aber, weder er noch sein Kumpel wollte glauben, daß ich keine Waffen besitze noch Leute kenne, die welche haben. Das gibt es hier im Wilden Westen nicht.